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Was ist das Staatsexamen?

Das erste Staatsexamen besteht zunächst einmal aus zwei Teilen:

  1. dem staatlichen Teil, bestehend aus sechs Klausuren und einer mündlichen Prüfung (70%) und
  2. dem universitären Teil, der inhaltlich einen gewählten Schwerpunkt zum Gegenstand hat und je nach Universität aus Klausuren und/oder wissenschaftlichen Arbeiten besteht (30%).

Staatsexamen wird zwar alles zusammen genannt, allerdings besteht es eben aus dem Staatsexamen im engeren Sinne und dem universitären Teil. Teilweise wird alles zusammen deshalb auch erste juristische Prüfung genannt.

Das zweite Staatsexamen ist je Bundesland einheitlich geregelt und besteht aus sieben bis elf Klausuren und einer mündlichen Prüfung. Hier geht es mehr um aktuelle Rechtsprechung und Prozessrecht.

Ca. 8000 Studenten werden jedes Jahr mit dem zweiten juristischen Staatsexamen fertig. Davon haben ca. 10 % ein Prädikat. Prädikat bedeutet, dass die Durchschnittsnote vollbefriedigen (über 9,00 Punkte) ist. Mit einem vollbefriedigend, kurz VB, in beiden Staatsexamina kann man sowohl in den Staatsdienst als auch hat man gute Chancen den gewünschten Job in einer anvisierten Kanzlei zu ergattern. Aktuell werden aber die starren Grenzen auch für den Staatsdienst tendenziell etwas nach unter verschoben.

Was macht man mit dem Staatsexamen?

Mit beiden Staatsexamina kann man Volljurist werden. Das heißt bei entsprechenden Noten in den Examina kann man theoretisch Richter oder Notar werden, wenn man das möchte. Die genauen Notengrenzen für den juristischen Staatsdienst sind in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich. Gerade aktuell werden sie immer weiter angepasst.

Mythos: Erst im Staatsexamen wird ausgesiebt

Eines der meist diskutierten Probleme ist wohl, dass es keinerlei anerkannten Zwischenabschluss, also etwas wie einen Bachelor oder einen sonstigen Abschluss, gibt. Außerdem ist das Jurastudium ein sehr langes und mitunter auch teures Studium. Wenn man also nach neun Semestern oder für den Fall eines nicht bestandenen Zweitversuchs auch nach bis zu sechs Jahren das erste Staatsexamen nicht schafft, steht man völlig ohne Abschluss da.

Woran liegt das?

Dass es von diesen Fällen doch einige gibt, liegt insbesondere daran, dass nicht vernünftig „ausgesiebt“ wird. Es gibt zwar eine Zwischenprüfung, diese ist aber im Gegensatz zum Staatsexamen nicht wirklich schwer. Zwar wird dort schon die juristische Methodenlehre trainiert und man kann mit Sicherheit auch bemerken ob Jura etwas für einen ist. Allerdings ist die Menge an Wissen, die man für die ersten Klausuren benötigt eher gering (zumindest im Gegensatz zu Allem, was man für das Staatsexamen am Ende beherrschen muss).

Das führt dazu, dass es doch Einige gibt, die das Staatsexamen nicht schaffen, obwohl sie im vorherigen Studium gar nicht mal so große Schwierigkeiten hatten. An einer Lösung für dieses Problem wird immer wieder gearbeitet. Die Studenten haben ein großes Interesse daran, dass sich genau hier etwas ändert. Nicht nur weil es, wenn es passiert wirklich schlimm ist, sondern auch weil diese Tatsache den Druck im ersten Staatsexamen extrem erhöht.

Wird dann tatsächlich am Ende noch ausgesiebt?

An diesem „Mythos“ wenn man es so nennen möchte ist dementsprechend schon etwas dran. Allerdings muss man auch sagen, dass mit einer entsprechenden Vorbereitung zumindest das Bestehen des Staatsexamens grundsätzlich möglich ist. Teilweise kann man wirklich sehr viel Pech mit den Klausuren haben und bekommt mindestens eine Klausur, für die man auf Lücke gelernt hat. Allerdings gibt es ja zumindest immer noch einmal eine Chance im Zweitversuch. Zweimal extrem viel Pech zu haben, wenn man sich wirklich und ehrlich gut auf das erste Staatsexamen vorbereitet hat kann zwar vorkommen, ist aber doch relativ selten.

Für das zweite Staatsexamen gilt das oben beschriebene Problem so nicht. Nach dem ersten Staatsexamen hat man schonmal einen Abschluss, der sich sehen lassen kann. Mit diesem Abschluss kann man beispielsweise auch einen LL.M. machen. Selbst wenn man also das zweite Staatsexamen nicht bestehen sollte, hat man durchaus etwas vorzuweisen. Auch mit dem ersten Staatsexamen und eventuellen Zusatzqualifikationen kann man in allen möglichen Branchen, zum Beispiel als Wirtschaftsjurist arbeiten.

Mythos: Bessere Noten in einigen Bundesländern

Das Staatsexamen ist in einigen Bundesländern einfacher als in anderen. Auch dieser „Mythos“ wird immer wieder diskutiert. Dabei ist auch das gar nicht unbedingt ein Mythos. Durch verschiedene Studien wurde gezeigt, dass sich die durchschnittlichen Noten in den einzelnen Bundesländern im Staatsexamen tatsächlich voneinander unterscheiden. Trotzdem sagen Professoren und andere „Experten“ dass es nicht schlau ist, vor dem Staatsexamen die Uni zu wechseln. Im Gegenteil. Vielmehr sollten sich die Lehrenden zusammensetzten und herausfinden warum es diese Unterschiede gibt.

Dazu kommt auch, dass sich die erlaubten Hilfsmittel in den Ländern unterscheiden. Die Gesetzestexte, die mit ins Examen genommen werden dürfen, sind zwar weitestgehend die gleichen. Allerdings dürfen die Kandidaten in Niedersachsen beispielsweise fünf Gesetzeskommentierungen pro Seite in die Gesetzestexte machen, während das in anderen Bundesländern vollständig untersagt ist.

Die zukünftigen Arbeitgeber sind im Normalfall über diese Unterschiede informiert und berücksichtigen sie teilweise auch bei ihren Entscheidungen.

Der universitäre Schwerpunkt wird oftmals rausgerechnet und nur die Note des staatlichen Teils berücksichtigt. Mit dieser Rechnung ist bereits einiges vom Unterschied des Notendurchschnitts bereinigt, da vor allem auch der universitäre Schwerpunkt an den großen Durchschnittsunterschieden Schuld ist.

Mythos: Willkür bei der Notengebung

Die Willkür bei der Notengebung im Studium der Rechtswissenschaft ist nicht nur im Staatsexamen ein großes Thema. Im Gegensatz zu vielen anderen Studiengängen gibt es bei Jura oft kein richtig oder falsch. Die Klausurassistenten korrigieren während des Studiums anhand einer Lösungsskizze die Klausuren der Studenten. Schon dabei gibt es große Differenzen in der Notengebung je nachdem welchen Korrektor man abbekommt und wie dessen Stimmung ist. Auch wie unterschiedlich jeder die Klausuren formuliert gefällt einigen Korrektoren besser anderen schlechter.

Diese Willkür ist auch im Staatsexamen ein Problem. Gerade weil das Berufsleben der Studenten zu einem Großteil von diesen Noten abhängt steht es immer wieder in der Kritik, dass die Bewertung sehr intransparent und „unfair“ sind.

Zum Teil ist da zwar etwas dran, allerdings ist die Bewertung nicht grundsätzlich unfair. Gerade im Staatsexamen korrigieren dieselben Korrektoren alle Klausuren, genau um es nicht zu Diskrepanzen in der Notengebung von gleich guten Klausuren kommen zu lassen. Die Bewertung ist dementsprechend nicht prinzipiell unfair. Wer sich wirklich guten Gewissens auf das erste Staatsexamen vorbereitet, Klausuren schreibt und nachhaltig lernt, dem steht eigentlich nichts mehr im Weg.

So kann man also sagen, dass einige Mythen über das Staatsexamen gar nicht so weit von der Realität entfernt sind. Trotzdem kann man mit einer gewissenhaften Vorbereitung, egal wo und auch egal mit welchen Vornoten, gut vorbereitet in die Examensklausuren gehen, ohne allzu viel Angst haben zu müssen.

Dieser Artikel wurde am 5. Oktober 2022 erstellt. Er wurde am 28. September 2024 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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